Mit dem Rauchen aufzuhören, wird künftig erleichtert. Mit der Verabschiedung des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) hat der Bundestag am Freitag den Weg geebnet, sodass die Tabakentwöhnung eine Pflichtleistung der Krankenkassen wird. "Vielraucher erhalten künftig den Anspruch auf eine wirkliche Behandlung ihrer Tabakabhängigkeit", sagte CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß. Dieser Schritt sei überfällig gewesen. Zunächst müsse jedoch noch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festlegen, welche Arzneimittel im Rahmen welcher Programme zur Tabakentwöhnung verordnet werden können. "Jetzt muss der G-BA sehr zügig seine Hausaufgaben machen", forderte Krauß. Eine sinnvolle Behandlung bestehe im Regelfall aus einer Gruppentherapie, die gegebenenfalls durch Medikamente zur Linderung des Entzugssyndroms unterstützt werde.
Bislang gebe es lediglich im Rahmen der Prävention Nichtraucherkurse, so Krauß. Das reiche nicht aus und sei keine Behandlung. "Durch die nunmehr vorgenommene Aufnahme in Sozialgesetz rechne ich damit, dass die Zahl der erreichten Raucher um mehr das Dreifache zunehmen wird", sagte der CDU-Politiker. Die Wahrscheinlichkeit, mit dem Rauchen aufzuhören, werde sich durch die Behandlung deutlich erhöhen.
"Die Tabakabhängigkeit ist die häufigste Suchterkrankung in Deutschland", sagte Krauß. Das Abhängigkeit sei besonders schwer. Dies zeige sich zum Beispiel an der Zahl der nach einem Rauchstopp lungentransplantierten Patienten: Jeder zweite werde innerhalb von einem Jahr wieder rückfällig. Neben der Chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) sei das Rauchen auch für die koronare Herzerkrankung und für Gefäßerkrankungen verantwortlich, außerdem für jede fünfte Krebserkrankung.
Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland raucht. Laut Krauß ist jeder zweite Raucher tabakabhängig. Das Rauchen sei jährlich für 120.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich.
Der Beschluss im Wortlaut:
Änderungsantrag 39
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) BT-Drs. 19/26822 Zu Artikel 1 Nummer 10a (§ 34 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) (Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung) Nach Nummer 10 wird folgende Nummer 10a eingefügt:
‚10a. § 34 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.“ ‘
Begründung:
Durch die Änderung erhalten Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung einen einmaligen Leistungsanspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung bei Inanspruchnahme von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Unter dem Leistungsanspruch ist ein Entwöhnungsversuch mit jeweils einem Programmdurchlauf zu verstehen. Dies unterstützt das Erreichen des gesundheitspolitischen Zieles, einen weiteren Anreiz zur Durchführung eines evidenzbasierten Programms zur Tabakentwöhnung zu setzen, um dadurch die Zahl der Raucherinnen und Rauchern zu verringern. Die Regelung setzt auf bestehende Angebote zur Raucherentwöhnung, insbesondere im Rahmen von Präventionsmaßnahmen auf. Hierzu wird künftig auch die Verordnung und Erstattung von Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung ermöglicht. Versicherte haben frühestens drei Jahre nach Abschluss der ersten Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen Anspruch auf eine erneute Verordnung und Erstattung nach Satz 1.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird beauftragt, in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 (Arzneimittel-Richtlinie) festzulegen, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können. Ferner hat der G-BA die anzuwendenden Verfahren zur Feststellung einer bestehenden starken Tabakabhängigkeit zu bestimmen. Für Arzneimittel zur Tabakentwöhnung, die nicht unter § 35a fallen und in den Programmen zur Tabakentwöhnung erstmalig verordnungsfähig werden, kann der G-BA eine Nutzenbewertung nach § 139b Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 139a Absatz 3 durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beauftragen. Des Weiteren sind vom G-BA die Anforderungen an die evidenzbasierten Programme zur Tabakentwöhnung festzulegen, wie Dauer der Intervention, Qualifikation des Personals und Qualitätssicherung, in deren Rahmen die Arzneimittel zukünftig verordnungsfähig werden.